Die Finanzämter entschieden 2015 fast zwei Drittel aller Einsprüche zugunsten der Steuerpflichtigen. Es kann sich also auszahlen, die amtlichen Steuerbescheide sehr genau zu prü-fen und erforderlichenfalls per Einspruch dagegen vorzugehen, informiert der Neue Ver-band der Lohnsteuerhilfevereine (NVL).

Nach einer Übersicht des Bundesfinanzministeriums (BMF) erreichten 2015 rund 3,5 Millionen Einsprüche die deutschen Finanzämter. Zusammen mit den dort bereits „lagernden“ unerledigten Einsprüchen, hatten es die Ämter mit über 6 Millionen Einsprüchen zu tun. Davon konnten sie 2015 rund 3,8 Millionen abschließend bearbeiten. Die Entscheidungen der Finanzämter gingen zu 64,5 Prozent zugunsten der Steuerpflichtigen aus. In 22,4 Prozent der Fälle endete das Verfahren durch Rücknahme des Einspruchs.

„Die Zahlen sprechen eindeutig dafür, dass Bürger ihre Steuerbescheide nicht einfach hinnehmen, sondern genau prüfen und sich gegen nachteilige Bescheide wehren sollten“, kommentiert NVL-Geschäftsführer Uwe Rauhöft die neue Einspruchsstatistik. Dabei liegt die Ursache nicht nur in Fehlern des Finanzamtes. Neben Nichtberücksichtigung von Aufwendungen und anderen Abweichungen gegenüber der Steuererklärung können auch Musterverfahren bei den Finanzgerichten oder die Korrektur eigener Fehler Anlass für einen Einspruch sein.

Das Einspruchsverfahren läuft mit überschaubarem Aufwand und ist kostenlos. Ein Einspruch muss innerhalb eines Monats nach Zugang des Steuerbescheids schriftlich beim Finanzamt eingegangen sein, am besten per Brief oder Fax. Grundsätzlich ist ein Einspruch auch per E-Mail oder über das Elster-Online-Portal möglich. Ist ein vergleichbares Verfahren beim BFH, einem anderen Bundesgericht oder beim Europäischen Gerichtshof anhängig, reicht die Berufung auf das Aktenzeichen dieses Verfahrens, um den Einspruch zu begründen und den eigenen Steuerbescheid offen zu halten.

Lehnt das Finanzamt den Einspruch ab, steht den Bürgern der Weg zum Finanzgericht offen. Der wurde laut der BMF-Statistik 2015 rund 60.000 Mal beschritten. Finanzgerichtsverfahren sind allerdings mit mehr Aufwand als der Einspruch und einem Kostenrisiko verbunden. Auch vor Gericht waren viele Steuerpflichtige erfolgreich. In rund 40 Prozent der Fälle konnten sie 2015 vor den Finanzgerichten der Länder einen Erfolg oder Teilerfolg erzielen. Bei Revisionsverfahren vor dem BFH war die Erfolgsquote ebenso hoch.

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